Podium - Die Zeitschrift

 

Ausschreibung Frühjahrsheft 2024

 

KI in der Literatur: Nur ein playground, writer of writer oder Tod des Autors?

 

Als Christopher Strachey, britischer Informatiker und Mitbegründer der denotationellen Semantik, Anfang der Fünfzigerjahre mit seinen Loveletters das erste poetische Werk der elektronischen Literatur schuf, war das zwar ohne Zweifel eine Pionierleistung – eine fundamentale Veränderung des Sprach- und Literaturverständnisses ging damit aber, wir wissen es, nicht einher. Bei seinem technisch-literarischen Experiment handelte es sich um einen kombinatorischen Liebesbrief-Algorithmus für einen der frühesten (Röhren-)Computer, den Manchester Mark 1 bzw. die Manchester Automatic Digital Machine (MADM).

 

Siebzig Jahre später erscheint mit 1 the Road in Anlehnung an Jack Kerouacs On the Road das erste von einer künstlichen Intelligenz geschriebene Buch – so behauptet es zumindest der französische Verlag auf der Bauchbinde. Tatsächlich steht hinter dem Projekt der Datenpoet und Medienkünstler Ross Goodwin, der als writer of writer in Erscheinung tritt; an dem Schreibprojekt ist er konzeptuell und physisch beteiligt, der »Schreibprozess« ist der Roadtrip selbst. So sitzt Goodwin zum Beispiel am Steuer eines Cadillacs, an dem Kameras und Mikrofone montiert sind, die jene Daten speichern, welche später in ein neuronales, auf Romantexte trainiertes Netz eingespeist werden. Der writer of writer verwendet somit auch die Sprache anderer. Insofern Mensch und Maschine (un/freiwillig) kooperieren, handelt es sich um Co-Creative Writing und damit um den Einsatz von narrow artistic AI (im Gegensatz zur strong artistic AI, mit der der Verlag warb).

 

In der Zwischenzeit haben literarische Werke mit KI-Einflüssen keinen Seltenheitswert. Aber wie literarisch sind sie dann noch? Erwartet uns bald eine essenzielle Veränderung des Sprach- und Literaturverständnisses?

 

Es fällt zunehmend nicht mehr durch das Sieb der Aufmerksamkeit, dass künstliche Intelligenz die primäre Autor:innenschaft ersetzen könnte/kann – erst durch eine sekundäre (jemand schreibt einen Code, der einen Text schreibt), dann durch eine tertiäre (jemand trainiert ein neuronales Netz auf einen Datensatz) und jetzt, in der Gestalt von KI-Sprachmodellen wie ChatGPT oder Bard, durch eine quartäre (jemand schreibt in einem schon trainierten KI-Modell eine Aufforderung als »Prompt«).

 

Bei Strachey, der eine zufällige Auswahl von Wörtern in eine Satzschablone einsetzt, ist es Schritt für Schritt möglich, nachzuvollziehen, wie der Text zustande gekommen ist. Fordert jemand, der nicht Beauvoir ist, eine Maschine auf, einen Text zu schreiben, wie Beauvoir ihn geschrieben hätte, sieht die Lage drastisch anders aus – und das hat Folgen.

 

Der Codepoet Jörg Piringer weist in seinem Text elektrobarden, erschienen in TRANSISTOR, Zeitschrift für zeitgenössische Lyrik, auf eine Aufgabe digitaler Literatur hin, nämlich auf jene, »gesellschaftliche umgangsformen mit sprachtechnologien – und methoden der kritik an ihr – zu entwickeln und so die begehrlichkeiten der internetgiganten, nach den netzen und kommunikationsgeräten auch noch die sprache zu kontrollieren, abzuwehren«.

 

Wie wird sich in diesem Kontext Autor:innenschaft (und Leser:innenschaft) verändern? Was bedeuten die digitalen Entwicklungen für die Kommerzialisierung der Sprache, der Literatur? Was bleibt, wenn der Kontrollverlust kommt? Wie können sich Intransparenz in der Textproduktion und Entindividualisierung der Autorin/des Autors künstlerisch, politisch, ökonomisch, ethisch auswirken?

 

Gesucht werden literarische Beiträge, die sich mit den radikalen (?) digitalen Rahmenbedingungen und den oben gestellten Fragen auseinandersetzen (bitte keine KI-generierten Texte einsenden – auch wenn uns die Kenntnis darüber vielleicht verborgen bliebe).

 

Einsendungen (max. Umfang von 10 Normseiten/18.000 Zeichen) bitte mit dem Namen versehen und ausschließlich elektronisch übermitteln (abgespeichert: Name-Thema.doc oder Name-Thema.rtf) plus Kurz-Bio, zuletzt ersch. Veröffentlichung/en und Postadresse.

 

Einsendeadresse: redaktion@podiumliteratur.at

 

Betreff: Frühjahrsheft 2024/KI

 

Einsendeschluss: 5. Februar 2024 (verlängert)


Redaktion des Heftes: Evelyn Bubich

 

Für das Podium Heft Herbst 2024 werden Texte (Prosa, Lyrik, Essay) zum Thema VERSÖHNUNG gesucht.


Wir leben in einer Zeit großer Zerwürfnisse und Gegnerschaften, Meinungen werden mit apodiktischer Bestimmtheit zu Wahrheiten erklärt. Wo der Dialog oft als unversöhnliches Streitgespräch geführt wird, gelten Kompromisse als Versagen und Kränkungen, beabsichtigt oder als Kollateralschaden in Kauf genommen, vertiefen die Gräben. Politische Parteien setzen auf Differenzierung, um zu spalten, Länder auf Krieg. Um aus all diesen Verstrickungen herauszukommen, braucht es immer wieder auch die Qualität der Versöhnung.
Der Versöhnung widmet Podium darum das Herbstheft 2024.


Unveröffentlichte literarische Texte zum Thema (max. Umfang 10 Normseiten/18.000 Zeichen,
abgespeichert: Name-Thema.doc oder Name-Thema.rtf)) können bis 15. Juni 2024 als word.doc oder word.rtf an: redaktion@podiumliteratur.at unter dem Betreff "Herbstheft 2024" eingereicht werden.
Bitte an den Schluss des Textes eine Biobibliographie in der Länge von maximal 10 Zeilen + die Postadresse anhängen.
Redaktion des Heftes: Barbara Neuwirth



 

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