Porträt Nr. 92 - Wolfgang Kauer

 

Biographie und Werkverzeichnis

Wolfgang Kauer wurde am 20.2.1957 in Linz geboren, besuchte das musische Adalbert Stifter Realgymnasium in Linz, studierte ab 1981 Germanistik, Romanistik und Geographie und Wirtschaftskunde in Salzburg, wobei das Studienjahr 1979/80 zugleich ein Erfahrungsjahr als freier Radiokulturreporter beim ORF Salzburg war. Am Adalbert-Stifter-Institut gelang ihm bei der Erstbearbeitung eines literarischen Nachlasses für die Diplomarbeit die Erstentdeckung eines Briefes von Rainer M. Rilke.
Entscheidende literarische Einflüsse durch mittelalterliche Literatur, New Yorker LyrikerInnen, Federico García Lorca, die japanischen Monogataris und Yasunari Kawabata. Durch Einflüsse von Malern entstanden die individuellen Kunstschienen Parallelgeschichte und narrative Malerei. Filmische Einflüsse v. a. durch Volker Schlöndorff und Brian de Palma. Eine neue Welt eröffnete dem Autor ein Judaistik-Seminar von Univ.-Prof. Dr. Klaus Samuel Davidovicz, was die Erzählung über den Arzt Jakob Ben Jechiel Loans am Hof Kaiser Friedrichs III. mit dem Titel „Des Kaisers neue Kleider“ zur Folge hatte.
Nach langjähriger pädagogischer Tätigkeit ab 1981 in Linz, einem zweiten Studium an Linzer Kunsthochschule und Mozarteum sowie nach Jahren freier Reise- und Kultur-Journalistentätigkeit für mehrere österreichische Tageszeitungen lebt und arbeitet Kauer seit 1999 als Gymnasiallehrer, Autor und Kunstvermittler in Salzburg. Seit 1986 ist er Lehrbeauftragter für Wissenschaftssprache Deutsch an einer privaten Linzer Kunstuniversität.
Wolfgang Kauer ist Mitglied der Grazer AutorInnenversammlung, der IG AutorInnen OÖ, der Salzburger AutorInnengruppe und des niederösterreichischen Literaturkreises Podium, publizierte als Salzburger Stadtteilchronist und gründete die Salzburger Literatenlesereihe „Freitagslektüre“. Literarische Veröffentlichungen in Anthologien, z.B. „Europa erlesen: Die Donau“ (Wieser Verlag) und Literaturzeitschriften Österreichs, Deutschlands, Chinas und Lateinamerikas – meist in den zeitschriften Facetten, Rampe und Mosaik.
Lesungen eigener Texte regelmäßig im Salzburger Literaturhaus, sonst zwischen München, Wien, Reichenau und Graz und im öffentlichen wie privaten Rundfunk, zuletzt in Wien: Lyrik im März GAV 2016, Poetenpromenaden 2016 und PODIUM-Sommerlesereihe „Literatur und Arbeit“ 2016 im Vorwärts-Gebäude.
Preise und Auszeichnungen: 1996 Umweltschutzpreis der Stadt Linz, erster Preis des LSR f. OÖ. und zweiter Preis von Global 2000. 2010 wurde Wolfgang Kauer unter Jury des Wiener Schriftstellers Julian Schutting im Rahmen des anonym durchgeführten Salzburger Autorenwettbewerbs für seine Erzählung „Treibgut am Saalachspitz“ der erste Preis verliehen. 2011 wurde ihm bei diesem Wettbewerb unter Jury der Meraner Schriftstellerin Sabine Gruber der zweite Preis verliehen. 2013 Arbeitsstipendium für Literatur des Landes Salzburg und zweiter Preis beim Salzburger Autorenwettbewerb der SAG unter der Jury der Wiener Schriftstellerin Bettina Balàka zum Thema „Heimtücke“. 2015 unter den drei bestgereihten des Salzburger Autorenwettbewerbs, diesmal unter der Jury des Schriftstellers Wolfgang Hermann, zum Thema „Masken“.

Buchveröffentlichungen:

Die Donau hinauf. Maskenprosa (Linz.Kultur.Texte: Linz 1996)
Nachtseite. Kurzprosa (arovell: Salzburg/Wien 2007)
Azur-Fenster. Erzählungen und Lyrik (arovell: Salzburg/Wien 2008)
Magenta Verde. Prosa, Lyrik, Aphorismen (arovell: Salzburg/Wien 2009)
Funken Regen. Historische Prosa und filmisches Epos (arovell: Salzburg/Wien 2010)
Geheimnisvoll gewinnbringend. Satiren (arovell: Salzburg/Wien 2012)
Der Code der Schnabelkanne. Ikonografischer Roman. Band 1 der Schnabelkannentrilogie (Edition Innsalz: Ranshofen 2012)
Frau Perchta und die Schnabelkanne. Ikonografischer Roman. Bd. 2 der Schnabelkannentrilogie (Edition Innsalz: Ranshofen 2013)
Frau Venus auf Wanderschaft. Mythografischer Roman. Bd. 3 der Schnabelkannentrilogie (Edition Innsalz: Ranshofen 2015)

Leseprobe

Mississippi
(Hommage an den Blues)

Die Quelle dieses Flusses, sie wird lange
nicht enthüllt, bis sich aus veritas caput
ein Lake Itasca füllt. La Salle durchquert
die Wälder der Huronen, bis Franzosen
ihres Sonnenkönigs Namen klonen.

Die Jagd auf Biber führt sie bis zur Mündung,
der Biberpelz dient nun als erste Währung,
doch die Franzosen haben nicht die besten
Trümpfe & schicken Häuptling Große Sonne
stellvertretend in die Sümpfe.

Den Mississippi säumt ein Märchenwald,
das Kind stürmt abwärts on the rocks,
die Jugend findet sich im Bach alsbald,
noch tausend Meilen weit entfernt
von allen Docks.

Die Felsen sowie Schiffswracks werden mit
Bedacht umspült, der längste Fluss der Welt
gewinnt sehr rasch an Breite. Lebensmitte
zeigt Gelassenheit und Weite, doch hat sich
das Verhältnis zu den andern abgekühlt.

Sobald die Baumwolle das große Geld an
Land spült, entsteht ein Friedhof für
gebrochne Schaufelräder, Dampfboote
stören nicht, denn für den Lebenssold
reicht eine einzige Fuhre weißen Golds.

Der River wechselt nun die Richtung,
macht es dem Käpten schwer, Untiefen zu
meiden. Doch mit Mark Twain im Boot
lässt man sich nicht mehr von ihm scheiden. 

Man glaubt, die Strömung könne nichts auf-
halten, da ragt die breite Mauer in den Lauf.
Es kann den Strom die Mauer spalten und so
mancher gibt den Anspruch an sich selber auf.

Gebrochen beugt er sich, wie Wiedertäufer
an der Kette, kein Felsen stört mehr seine
Ruh. In einem streng gerahmten Bette treibt
er versumpft dem Meer und seinem Ende zu.

*


An ein Leichtes

Nimm auf, mich, in dein Federkleid!
Lass mich deine Schwerkraft sein!
Erschrick nicht vom Knirschen meiner Stiefel
im Blätterwald!

Lass mich dein Schlafsack sein in der Streu
deiner Mädchentage, schenk mir ein Lächeln
auf Alabaster! Lass das Kokos deiner Brüste
auf mich schweben, das Flirren deiner Tränen
möge endlos erscheinen!

Lass mich aufreißen deine Sehnsucht,
das Korsett deiner Ängste sprengen,
hüll mich ein, in den Heuhaufen deiner
Erinnerung!

Schenk mir deinen gierenden Blick,
deinen Schmerz und deinen Durst!
Stopp die Flammen nicht, wenn sie aufbegehren,
die Träume!

Benetz meine Haut mit Waldeinsamkeit,
streck deine Zunge aus, nach dem Harz in den
Winkeln des Scheunentors und tauch ein
ins sanfte Flimmern künftiger Tage!

*


Anakreontisches Naturgedicht

Ich liebe die Kurven,
die Schräge der Wege,
das Steigen und Fallen,
das Knirschen und Hallen,
bis zum Horizont.

Ich liebe das Reiten,
das Rutschen und Gleiten,
das Zittern im Entengefieder.
Natur! Wann kehrst du wieder?

Die Vögel im Bade
am Dach meiner Habe.
In der Tonne die Sonne,
im Spiegel das Siegel
der Verschwiegenheit.

*


Das Fischlein

Wie die Zauberflöte steht das Fischlein in
der Gischt der Brandung. Durch seine Position
entgeht es dem Netz. Hunger nach dem
Fremden zwingt es an den Rand der Ökumene.

Es ahnt noch nicht, dass dieser Drang nach
Abwechslung sein Leben rettet.
Schön klein bleiben, dann findest du im Grenz-
bereich dein Auslangen

und entgehst der Überfischung!
Sei guter Dinge, denn Fragen werden erst
nach dem Tod gestellt!

*


Wolfgang Kauer: Ausgewählte Gedichte. Vorwort: Maria Herlo. 64 Seiten, 1 Abb., Euro 6,-. Podium (podium porträt 92) Wien 2017. ISBN 978-3-902886-33-0

 

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